Jeder Betrieb, der Mitarbeiter beschäftigt, benötigt Arbeitsschutz, um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten nicht zu gefährden. In der Regel werden Arbeitgeber dabei von Fachkräften für Arbeitssicherheit und Betriebsärzten unterstützt. Um Unternehmen, die Möglichkeit zu geben, einen Teil der Aufgaben von Sicherheitsfachkräften und Betriebsärzten selbst zu übernehmen, gibt es das Unternehmermodell.
Offiziell wird diese Betreuungsform auch als „alternative bedarfsorientierte Betreuung“ bezeichnet. Das Unternehmermodell ist eine spezielle Form der arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Betreuung für Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten. Das Besondere an diesem Modell ist, dass der Arbeitgeber oder Geschäftsführer selbst aktiv Verantwortung für den Arbeitsschutz im Unternehmen übernimmt und dafür eine Ausbildung bei seiner Berufsgenossenschaft absolviert.
In diesem Beitrag erörtern für weitere Voraussetzungen, um sich als Firmeninhaber am Unternehmermodell beteiligen zu können und was im Rahmen der Ausbildung erarbeitet werden muss.
Welche Betreuungsformen sind grundsätzlich möglich?
In Deutschland schreibt das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) jedem Arbeitgeber vor, eine Sicherheitsfachkraft und einen Betriebsarzt für die sicherheitstechnische und betriebsärztliche Betreuung zu bestellen. In nachfolgender Übersicht sehen Sie die grundsätzlich möglichen Betreuungsformen durch Betriebsärzte und Sicherheitsfachkräfte gemäß des ASiG und der DGUV Vorschrift 2, die die Vorgaben des Arbeitssicherheitsgesetzes konkretisiert.
Die betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuungsform richtet sich nach der Anzahl der Beschäftigten. Für Betriebe mit mehr als 50 Mitarbeitern gilt ausnahmslos die Regelbetreuung.
Betriebsgröße | Betreuungsform | Details |
Bis zu 10 Beschäftigte |
1. Alternative bedarfsorientierte Betreuung (= Unternehmermodell) |
– Online-Fernlehrgang BG – Betreuung bei besonderen Anlässen – Kompetenzzentrum |
2. Regelbetreuung |
Regelbetreuung ohne feste Einsatzzeiten (Grundbetreuung und anlassbezogene Betreuung) | |
Mehr als 10 bis zu 50 Beschäftigte |
1. Alternative bedarfsorientierte Betreuung (= Unternehmermodell) |
– Gruppe III und bis 30 Beschäftigte:
Online-Fernlehrgang, Betreuung bei besonderen Anlässen – Gruppe II und >10 bis 50 Beschäftigte: Seminar Online-Fernlehrgang Betreuung bei besonderen Anlässen |
2. Regelbetreuung |
Regelbetreuung mit festen Einsatzzeiten (Grundbetreuung und betriebsspezifische Betreuung) | |
Mehr als 50 Beschäftigte |
Nur Regelbetreuung |
Grundbetreuung und betriebsspezifische Betreuung |
Mehr zu den unterschiedlichen Betreuungsformen können Sie in unserem Blogbeitrag Arbeitsschutzbetreuung nachlesen. Im nachfolgenden Teil widmen wir uns ausschließlich dem Unternehmermodell.
Eigenverantwortung für Arbeitsschutz beim Unternehmermodell
Um kleineren Betrieben die Möglichkeit zu geben, den Arbeitsschutz flexibler und kostengünstiger zu gestalten, wurde die alternative bedarfsorientierte Betreuung eingeführt. Im Anhang 3 und 4 der DGUV Vorschrift 2 werden diese Betreuungsformen sowie die Lehrinhalte genauer erläutertet. Eine weitere Voraussetzung für das Unternehmermodell ist, neben der Anzahl der Mitarbeiter, die aktive Einbindung des Arbeitgebers in das Unternehmensgeschehen.
Das Unternehmermodell oder Kompetenzzentrenmodell mit 10 oder weniger Beschäftigten
Die Art und der Umfang der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung richten sich nach den im Betrieb vorhandenen Gefährdungen für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten sowie den Aufgaben gemäß den § 3 ASiG (Aufgaben der Betriebsärzte) und § 6
ASiG (Aufgaben der Fachkräfte für Arbeitssicherheit).
Um an der alternativen bedarfsorientierten Betreuung teilnehmen zu können, müssen Sie zu Themen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes in Ihrem Betrieb Bescheid wissen, damit Sie die erforderlichen Schutzmaßnahmen rechtssicher umsetzen können. Dafür bieten Kompetenzzentren sogenannte „Motivations- und Informationsmaßnahmen“ an.
Die Lehrinhalte im Kompetenzzentrenmodell
- Motivation und branchenneutrale Information: Präsenzmaßnahme mit Wirksamkeitskontrolle im Umfang von 8 Lehrinhalten
- Branchenspezifische Informationen: Präsenzmaßnahme und/oder Selbstlernphase mit Wirksamkeitskontrolle im Umfang von 8 – 24 Lehrinhalten
Die Motivations- und Informationsmaßnahmen müssen Sie innerhalb von 2 Jahren absolvieren.
Die Kompetenzzentren der Berufsgenossenschaften sind kostenlose Anlaufstellen für Unternehmer im Kompetenzzentrenmodell: Hier können sie sich von Sicherheitsfachkräften und/oder Arbeitsmedizinern Hilfe holen, wenn sie sich bei der einen oder anderen Arbeitsschutzmaßnahme unsicher sind. Diesbezüglich bietet jede Berufsgenossenschaft (BG) ihr eigenes Online Kompetenzzentren-Portal (KPZ-Portal) an. |
Die Themen der Informationsmaßnahmen im Überblick:
- Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit: Nutzen für den Betrieb
- Verantwortung des Unternehmers und der Führungskräfte
- Arbeitsschutz organisieren
- Beschäftigte führen
- Gefährdungsbeurteilung: Einführung und Anwendung
- Anlässe für die bedarfsorientierte betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung
Wenn Sie bereits nachweisbare Vorkenntnisse über Gesundheitsschutz und Arbeitsschutz in Kleinbetrieben im Bereich der branchenbezogenen Informationsmaßnahmen besitzen, können Sie auf Antrag von den entsprechenden Lehreinheiten befreit werden. Allerdings darf der Erwerb der geforderten Kenntnisse nicht länger als fünf Jahre zurückliegen.
Arbeitsschutz im Betrieb selbst organisieren
Nach der Absolvierung der erforderlichen Lehrinhalte können Sie selbst darüber bestimmen, in welchem Ausmaß Sie extern durch eine Fachkraft für Arbeitssichert oder einem Arbeitsmediziner betreut werden möchten.
Welches Ausmaß eine sachgerechte und bedarfsorientierte betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung in Ihrem Betrieb annimmt, ergibt sich aus Ihrer Gefährdungsbeurteilung. Zur Erstellung und Aktualisierung können Sie Ihr zuständiges Kompetenzzentrum hinzuziehen.
Qualifizierte Betreuung bei besonderen Anlässen durch das Kompetenzzentrum
Im Bereich Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit gibt es nicht nur eine Vielzahl von Gesetzen, Vorschriften, Verordnungen und Technische Regeln zu beachten, sondern auch viele besondere Anlässe, die es notwendig machen, sich Unterstützung von Experten im Arbeitsschutz zu holen.
Beispielsweise, wenn Sie Ihre Gefährdungsbeurteilung Mutterschutz aktualisieren oder eine neue Betriebsanweisung aufgrund der neuen Gefahrstoffverordnung erstellen müssen. Auch wenn sich Arbeitsplätze oder Arbeitsverfahren grundlegend ändern oder eine sicherheitstechnische Überprüfung von Anlagen und Arbeitssystemen durchgeführt werden muss, benötigen Sie die Unterstützung durch eine Fachkraft für Arbeitssicherheit.
Besondere Anlässe für die Unterstützung durch einen Betriebsarzt kann beispielsweise die Häufungen gesundheitlicher Probleme sein oder eine grundlegende Umgestaltung von Arbeitszeit-, Pausen- und Schichtsystemen.
Gut zu wissen: Wenn Sie Ihre Unternehmenspflichten im Rahmen des Kompetenzzentrenmodells nicht erfüllen, unterliegen Sie mit Ihrem Betrieb automatisch der Regelbetreuung nach § 2 Abs. 2 DGUV-Vorschrift 2.
(Quelle: DGUV Vorschrift 2 „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ Anlage 4 zu § 2 Abs. 4)
Das Unternehmermodell für Betriebe mit bis zu 50 Beschäftigten
Bei dieser Betreuungsform gibt es anstelle des kostenlos nutzbaren Kompetenzzentrums und neben den Motivations- und Informationsmaßnahmen zusätzliche Fortbildungsmaßnahmen. Die Ausbildung umfasst:
- Motivations- und branchenneutrale Informationen: Präsenzmaßnahme mit Wirkungskontrolle im Umfang von 8 Lehreinheiten
- Branchenspezifische Informationen: Präsenzmaßnahme und/oder Selbstlernphase mit Wirksamkeitskontrolle im Umfang von 8 – 24 Lehreinheiten.
Wie im Kompetenzmodell sind auch diese Fortbildungen innerhalb von 2 Jahren zu absolvieren.
- Im Anschluss an die Motivations- und Informationsmaßnahmen können Sie im Abstand von höchstens 5 Jahren an Fortbildungsmaßnahmen im Umfang von mindestens 4 Lehreinheiten teilnehmen. Die Fortbildungen müssen entweder von Ihrem Unfallversicherungsträger durchgeführt oder von diesem anerkennt werden.
Themen der Informationsmaßnahmen beim Unternehmermodell bis zu 50 Mitarbeiter
Diese sind dieselben wie beim Unternehmermodell durch ein Kompetenzzentrum. Zusätzlich zu den 6 Lehrinhalten kommt hier die Informationsmaßnahme „Dienstleistungsangebote der Berufsgenossenschaft“ als neues Thema hinzu.
Die bedarfsorientierte Betreuung beim Unternehmermodell
Auch hier können Sie nach der Absolvierung der Motivations- und Informationsmaßnahmen selbst über das Ausmaß Ihrer externen betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung entscheiden.
Wie beim Kompetenzzentrenmodell können auch hier besondere betriebliche Anlässe ein Grund sein, um eine Fachkraft für Arbeitssicherheit oder einen Betriebsarzt als Berater hinzuzuziehen. Ob Sie für Ihre Mitarbeiter eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung durchführen lassen möchten, neue Brandschutzmaßnahmen in Ihrem Unternehmen implementieren oder eine Brandschutzbegehung im Unternehmen planen: Es gibt immer wieder Situationen, in denen es sinnvoller ist, Sicherheitsfachkräfte oder Betriebsärzte mit spezifischer anlassbezogener Fachkenntnis hinzuzuziehen.
Erforderliche schriftliche Nachweise beim Unternehmermodell
Sie müssen in Ihrem Unternehmen schriftliche Nachweise bereithalten, um sie den zuständigen Aufsichtsorganen (Berufsgenossenschaft, Gewerbeaufsichtsämter) bei Bedarf vorlegen zu können. Dazu gehören:
- Teilnahmenachweise an Maßnahmen zur Motivation, Information und Fortbildung
- aktuelle Unterlagen zur durchgeführten Gefährdungsbeurteilung
- Berichte gemäß § 5 der Unfallverhütungsvorschrift DGUV V 2.
Falls Sie Ihre Pflichten im Rahmen der alternativen bedarfsorientierten Betreuungsform nicht erfüllen, wird Ihr Betrieb automatisch der Regelbetreuung gemäß § 2 Abs. 2 oder 3 DGUV Vorschrift 2 (Bestellung von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit) unterstellt.
(Quelle: DGUV Vorschrift 2 „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“, Anlage 3 zzu § 2 Abs. 4)
Fazit: Die alternative bedarfsorientierte Betreuung für kleine Betriebe
Das Unternehmermodell ermöglicht es kleinen und mittleren Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten, einen Teil der sicherheitstechnischen und betriebsärztlichen Betreuung selbst zu übernehmen. Der Arbeitgeber oder Geschäftsführer übernimmt dabei aktiv Verantwortung für den Arbeitsschutz und muss eine entsprechende Ausbildung bei der Berufsgenossenschaft absolvieren.
Die Vorteile des Unternehmermodells
- Flexibilität und Kosteneffizienz: Kleinere Betriebe können den Arbeitsschutz an ihre spezifischen Bedürfnisse anpassen.
- Eigenverantwortung: Unternehmer können direkt in die Sicherheitsmaßnahmen eingebunden werden und somit ein besseres Verständnis für die Risiken in ihrem Betrieb entwickeln.
Die Nachteile des Unternehmermodells
- Erforderliche Kenntnisse: Unternehmer müssen sich umfassend mit Arbeitsschutzthemen auseinandersetzen und über entsprechende Zeitressourcen verfügen, um die Schulungen absolvieren zu können.
- Mangelnde Erfahrung: Unternehmer haben nicht die gleiche Expertise wie umfassend ausgebildete Fachkräfte für Arbeitssicherheit oder Betriebsärzte. Verstöße gegen das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und weitere Verordnungen zu Geldbußen führen.
Insgesamt bietet das Unternehmermodell eine interessante Möglichkeit für kleine Unternehmen, den Arbeitsschutz eigenverantwortlich zu gestalten, es erfordert aber auch viel Zeit sowie ein hohes Maß an Engagement.
Wann ist es besser, eine Fachkraft für Arbeitssicherheit hinzuzuziehen?
In Betrieben mit hohem Gefährdungspotential oder bei komplexen Arbeitsschutzmaßnahmen wie der Brandschutzplanung oder Betriebsmittelprüfung oder beim Erstellen von Gefährdungsbeurteilungen kann schnell etwas übersehen werden. Auch wenn Sie sicherstellen möchten, dass Sie alle gesetzlichen Vorgaben richtig eingehalten haben, ist es in der Praxis oft kostengünstiger, eine Sicherheitsfachkraft ins Boot zu holen. Unsere Preise für Arbeitssicherheit sind transparent und auch für kleine Unternehmen wirtschaftlich einplanbar.
Sie haben noch Fragen zur sicherheitstechnischen Betreuung für Ihr Unternehmen? Wir unterstützen deutschlandweit Unternehmen aller Größen und Branchen bei der Umsetzung eines rechtssicheren Arbeitsschutzes.