Das aktuelle DGUV Barometer Arbeitswelt 2025 geht dieses Mal über die reine Erfassung von Unfallzahlen hinaus: Es wirft einen umfassenden Blick auf die sich wandelnde Arbeitswelt und zeigt, wie neue Herausforderungen – etwa durch Digitalisierung, Flexibilisierung und den demografischen Wandel – den Arbeitsalltag beeinflussen.

Gerade in dieser Phase der Transformation sind Unternehmen gefordert, sich aktiv mit dem Thema Arbeitssicherheit und den neuen Gegebenheiten in der Arbeitswelt auseinanderzusetzen. Effizienter und nachhaltiger Arbeitsschutz entsteht dort, wo klare Regeln gelebt werden, Führungskräfte Verantwortung übernehmen und Beschäftigte gezielt unterstützt werden. Der DGUV Barometer zur Arbeitswelt im Wandel zeigt, dass viele Unternehmen bereits gute Strukturen aufgebaut haben und Beschäftigte sich vielfach gut unterstützt fühlen. Gleichzeitig macht die Umfrage aber auch sichtbar, wo noch Potenziale für Verbesserungen liegen. Unternehmen, die sich den Herausforderungen der Zeit stellen und die Transformation aktiv mitgestalten, schaffen nicht nur sichere und gesunde Arbeitsplätze, sondern stärken auch die Zukunftsfähigkeit ihrer Betriebe.

Die wichtigsten Erkenntnisse des DGUV Barometers Arbeitswelt 2025
  • Arbeits- und Wegeunfälle sinken: Die Zahl der meldepflichtigen Unfälle ist 2024 weiter zurückgegangen – ein positives Signal für die betriebliche Sicherheit.
  • Psychische Belastungen steigen: Stress, Zeitdruck und Arbeitsverdichtung nehmen zu. Hauptursachen sind Personalmangel, Digitalisierung und Bürokratie.
  • Demografischer Wandel verschärft den Druck: Weniger Personal und Fachkräfte erhöhen die Belastung für die Beschäftigten.
  • Gesundheitsgefahren durch Stress: Psychische Belastungen wirken sich negativ auf die Gesundheit aus und erhöhen das Unfallrisiko.
  • Klarer Handlungsaufruf: Unternehmen müssen der Prävention psychischer Belastungen mehr Aufmerksamkeit schenken.

 

Trends bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten: DGUV-Statistik und Barometer Arbeitswelt 2025

Rückgang bei Arbeits- und Wegeunfällen

Die Zahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle ist seit Jahren rückläufig. Im Jahr 2024 wurden 752.125 Arbeitsunfälle gemeldet, das sind rund 4 Prozent weniger als im Vorjahr. Wegeunfälle, also Unfälle auf dem Weg zur oder von der Arbeit, gingen 2024 um etwa 6 Prozent auf 173.488 Fälle zurück. Auch die Zahl tödlicher Arbeits- und Wegeunfälle sank auf 566 Fälle (33 weniger als 2023) .

Unfallschwerpunkte und besonders gefährdete Berufsgruppen

Die häufigsten Ursachen für Arbeitsunfälle sind seit Jahren unverändert: Über 20 Prozent aller Unfälle entstehen durch Stolpern, Stürzen oder Ausrutschen. Auch der Umgang mit Werkzeugen und Maschinen bleibt ein bedeutender Risikofaktor.

Besonders gefährdet sind Beschäftigte im Baugewerbe, in der Abfallentsorgung sowie in Kinder- und Lernbetreuungsberufen. Zwischen 2021 und 2023 hatten Baukonstruktionsberufe das höchste Risiko für einen Arbeitsunfall, gefolgt von Abfallentsorgung und Kinderbetreuung.

Personal- und Fachkräftemangel als eine der größten Herausforderungen

Laut DGUV Barometer Arbeitswelt 2025 sehen 59 Prozent der Befragten den Personal- und Fachkräftemangel als größte wirtschaftliche Herausforderung.

Ausnahme: Im verarbeitenden Gewerbe stehen steigende Betriebskosten und Nachfrageeinbrüche im Vordergrund. Ein Drittel der Beschäftigten bewertet die wirtschaftliche Lage im eigenen Unternehmen als weniger gut oder schlecht.

Diese Herausforderungen führen zu spürbaren Veränderungen im Arbeitsalltag:

  • 51 Prozent berichten von höherem Zeitdruck
  • 43 Prozent von einem gereizteren Betriebsklima
  • 29 Prozent beobachten eine sinkende Fehlerkultur und
  • 22 Prozent meinen, dass Gesundheit und Sicherheit häufiger vernachlässigt werden

 

Handlungsbedarf bei Gefährdungsbeurteilung und Unterweisungen

Das DGUV Barometer Arbeitswelt 2025 zeigt deutliche Defizite bei zwei zentralen und gesetzlich vorgeschriebenen Instrumenten des Arbeitsschutzes:

  1. der Gefährdungsbeurteilung ( 5 ArbSchG) und
  2. der Sicherheitsunterweisung ( 12 ArbSchG)

So werden rund 20 Prozent der Beschäftigten nicht regelmäßig über Risiken für ihre Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz unterwiesen – ein besonders hoher Anteil davon findet sich in kleinen Unternehmen. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in unserem Blogbeitrag „Arbeitsschutz für Kleinbetriebe“. Sicherheitsunterweisungen sind nicht nur per Gesetz verpflichtend, sondern steigern das Bewusstsein für Gefahren und beugen Arbeitsunfällen vor.

Noch größere Lücken bestehen bei der Gefährdungsbeurteilung: Nur 61 Prozent der befragten Führungskräfte bestätigen, dass in ihrem Unternehmen eine Gefährdungsbeurteilung an den Arbeitsplätzen durchgeführt wird. In 25 Prozent der Unternehmen findet diese gesetzlich vorgeschriebene Maßnahme nicht statt.14 Prozent der Führungskräfte wissen nicht, ob in ihrem Unternehmen eine Beurteilung der Arbeitsbedingungen durchgeführt wurde.

Besonders kritisch ist, dass selbst bei durchgeführten Gefährdungsbeurteilungen nur 37 Prozent auch die psychische Belastung der Beschäftigten erfassen (psychische Gefährdungsbeurteilung).

„62 % der Befragten sehen steigende Gesundheitsrisiken durch psychische Belastung.“

(Quelle: DGUV Barometer Arbeitswelt 2025)

 

Psychische Belastung als zentrales Risiko

Die Befragung durch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) macht deutlich, dass psychische Belastungen wie Zeitdruck bei mehr Arbeit und weniger Personal branchenübergreifend als zentrale Risikofaktoren für Sicherheit und Gesundheit gelten.

50 Prozent der Beschäftigten nennen hohe Arbeitsbelastung und Stress als Hauptursache für Unfälle. Überstunden, unzureichende Kommunikation und fehlende Pausen (mehr zu den gesetzlichen Pausenzeiten) werden ebenfalls als Risikofaktoren genannt.

 

Rolle der internen Sicherheitsbeauftragten

Die Ergebnisse des DGUV Barometers unterstreichen die Bedeutung der Sicherheitsbeauftragten im Unternehmen. Sie sollten für das Thema psychische Belastung sensibilisiert sein, Warnzeichen im Team erkennen und die Führungsebene aktiv an ihre Pflichten erinnern.

Dazu gehört insbesondere, dass Gefährdungsbeurteilungen verpflichtend und umfassend – also auch unter Berücksichtigung psychischer Belastungen – durchgeführt werden. Die konkreten Zahlen aus dem Barometer bieten eine fundierte Basis, um Verbesserungen im Arbeitsschutz aktiv im Unternehmen einzufordern.

 

Wahrnehmung von Stress und Veränderungen im Arbeitsalltag

Die vielfältigen Herausforderungen der letzten Jahre zeigen spürbare Auswirkungen auf den Arbeitsalltag der Beschäftigten. Vier von fünf Erwerbstätigen berichten von negativen Veränderungen:

  • 51 Prozent beobachten einen höheren Zeitdruck bei der Erledigung ihrer Aufgaben.
  • 43 Prozent nehmen ein gereizteres Klima unter den Kolleginnen und Kollegen wahr.
  • 29 Prozent bemerken eine sinkende Bereitschaft, offen über Fehler zu sprechen.
  • 22 Prozent sehen, dass Gesundheit und Arbeitssicherheit häufiger anderen Aspekten untergeordnet werden.
  • Nur 21 Prozent geben an, keine dieser Veränderungen festgestellt zu haben.

 

Zeitdruck und psychische Belastung als zentrale Risiken

Zeitdruck und hohe Arbeitsbelastung werden von 50 Prozent der Befragten als wichtigste Risikofaktoren für Unfälle am Arbeitsplatz genannt. Weitere genannte Faktoren sind Überstunden aufgrund von Personalmangel (32 Prozent), unzureichende Kommunikation (27 Prozent), fehlende Erholungszeiten (25 Prozent) und ein schlechtes Betriebsklima (24 Prozent).

Andere Aspekte wie Lärm, schlechte Beleuchtung oder technische Mängel spielen bei psychischen Belastungen am Arbeitsplatz eine geringere Rolle.

 

Arbeitsschutz: Gutes Fundament mit Luft nach oben

Das DGUV Barometer Arbeitswelt 2025 zeigt, dass viele Unternehmen bereits über klare Regeln und Strukturen für Arbeitssicherheit und Gesundheit verfügen:

  • 71 Prozent der Erwerbstätigen bestätigen, dass es in ihrem Unternehmen klare Regeln zur Risikominimierung gibt.
  • 64 Prozent erleben, dass bei Problemen aktiv Maßnahmen ergriffen werden.
  • 61 Prozent sind der Meinung, dass viel für Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit getan wird.
  • 78 Prozent fühlen sich insgesamt gut unterstützt, sicher und gesund arbeiten zu können.

Allerdings gibt es auch deutliche Schwächen: Besonders im Bereich Erziehung und Unterricht beurteilen viele Beschäftigte die Unterstützung als unzureichend. Auch bei der regelmäßigen Unterweisung über Risiken gibt es Nachholbedarf: 20 Prozent der Beschäftigten werden nicht regelmäßig unterwiesen. Auch zeigt sich dabei wieder, dass besonders in kleinen Unternehmen Sicherheitsunterweisungen sehr oft nicht durchgeführt werden.

 

Arbeitsschutz im Homeoffice

Das Arbeiten im Homeoffice ist mittlerweile für viele Beschäftigte zum Alltag geworden. 45 Prozent der Befragten arbeiten zumindest teilweise von zu Hause aus, wobei der Anteil in der Finanz- und Versicherungsbranche sowie in freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen besonders hoch ist. In Branchen wie Bau und Gesundheitswesen bleibt Homeoffice logischerweise die Ausnahme.

Auch beim Arbeitsschutz im Homeoffice zeigen sich große Unterschiede:

  • 60 Prozent der Beschäftigten erhalten Hinweise zum sicheren und gesunden Arbeiten zu Hause.
  • 50 Prozent werden über Ergonomie am Arbeitsplatz informiert, 35 Prozent über ausreichende Beleuchtung.
  • 33 Prozent erhalten Aufklärung zu Bewegungsmangel, 25 Prozent zu Sturzrisiken durch Kabel, 22 Prozent zu Sturzrisiken im Haushalt.
  • 40 Prozent geben an, zu keinem dieser Aspekte sensibilisiert zu werden.

Größere Unternehmen und die öffentliche Verwaltung informieren deutlich häufiger über Arbeitsschutz im Homeoffice als kleinere Betriebe.

 

Ganzheitliche Arbeitssicherheit in einer Arbeitswelt im Wandel

Das DGUV Barometer Arbeitswelt 2025 macht deutlich, dass die Arbeitswelt vor großen Veränderungen steht. Flexible Arbeitszeiten, mobiles Arbeiten, Homeoffice, Digitalisierung und der demografische Wandel prägen zunehmend den Alltag in Unternehmen. Diese Entwicklungen bieten Chancen, bringen aber auch neue Risiken mit sich, wie:

  • Bewegungsmangel
  • soziale Isolation
  • unzureichende ergonomische Ausstattung im Homeoffice oder
  • eine schwächere Bindung ans Unternehmen

Alles Kriterien, die die Gesundheit und Motivation der Beschäftigten beeinträchtigen können.

Gleichzeitig steigen die Anforderungen: Fachkräftemangel, Arbeitsverdichtung und Zeitdruck werden branchenübergreifend als zentrale Risiken für Sicherheit und Gesundheit wahrgenommen. Besonders psychische Belastungen werden als zunehmendes Risiko erkannt, stehen aber in zahlreichen Betrieben noch viel zu wenig im Fokus.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, braucht es einen ganzheitlichen Ansatz im Arbeitsschutz und bei der Arbeitsschutzbetreuung. Präventionsmaßnahmen sollten kontinuierlich an die sich wandelnden Bedingungen angepasst werden – egal ob im Büro, in der Produktion oder im Homeoffice.

Vorausschauende Unternehmen berücksichtigen also nicht nur klassische Unfallgefahren, sondern nehmen auch psychische und ergonomische Risiken ernst. Nur so können sie Gesundheit, Motivation und Leistungsfähigkeit ihrer Beschäftigten erhalten und zugleich ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit sichern.

 

Rahmendaten zum DGUV Barometer Arbeitswelt 2025:

  • Auftraggeber: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV)
  • Durchführung: forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH
  • Zeitraum: 28. Februar bis 7. März 2025
  • Methode: Repräsentative Online-Befragung
  • Teilnehmende: 2.018 Erwerbstätige, darunter 578 Führungskräfte und Unternehmer
  • Befragte Unternehmen: mindestens zwei Mitarbeitende
  • Statistische Fehlertoleranz: +/- 2,5 Prozentpunkte

 

Externe Unterstützung für nachhaltigen Arbeitsschutz

Als externe Fachkräfte für Arbeitssicherheit von 123Ingenieure übernehmen wir zentrale Aufgaben in modernen Arbeitsschutz: Wir führen deutschlandweit umfassende Gefährdungsbeurteilungen durch, entwickeln individuelle Maßnahmen zur Risikominimierung, organisieren Schulungen und Unterweisungen und überprüfen regelmäßig die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen.

In enger Zusammenarbeit mit Sicherheitsbeauftragten, Betriebsärzten und weiteren Akteuren des Arbeitsschutzausschusses (ASA-Sitzung) schaffen wir einen umfassenden Präventionsansatz, der den aktuellen Anforderungen der sich wandelnden Arbeitswelt gerecht wird.

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