Das Betriebliche Eingliederungsmanagement unterstützt Unternehmen dabei, Mitarbeitende nach längerer Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Krankheit oder eines Arbeitsunfalls wieder erfolgreich in den Arbeitsalltag einzubinden.
Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich der Eingliederung um Angestellte, Auszubildende, Beamte oder um Tarifangestellte einer Landesbehörde handelt. Das BEM gilt sowohl für private Arbeitgeber als auch für öffentliche Dienstgeber. Ein zentraler Baustein im betrieblichen Eingliederungsmanagement ist das sogenannte BEM Gespräch: Hier werden gemeinsam Perspektiven entwickelt, wie die Rückkehr an den Arbeitsplatz gelingen kann. In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Pflichten für Arbeitgeber gelten, wie es umgesetzt werden kann und wie es mit dem betrieblichen Eingliederungsmanagement in der Praxis aussieht.
Was ist das BEM einfach erklärt?
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) begleitet Beschäftigte nach längerer oder wiederholter Arbeitsunfähigkeit auf dem Weg zurück ins Berufsleben. Dabei steht die individuelle Unterstützung im Vordergrund: Gemeinsam mit allen Beteiligten wird im BEM Gespräch nach Lösungen gesucht, wie die Rückkehr an den Arbeitsplatz gelingen und die Gesundheit langfristig stabilisiert werden kann.
Die Ziele des BEM sind:
- Hilfestellung, um Arbeitsunfähigkeit zu überwinden
- Prävention in Bezug auf erneute Arbeitsunfähigkeit
- Vermeidung einer vorzeitige Zurruhesetzung
Gesetzliche Regelungen zum BEM
Die Pflicht zum betrieblichen Eingliederungsmanagement ist in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben. Die zentrale Rechtsgrundlage bildet § 167 Absatz 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch „Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen“ (SGB IX § 167 Abs. 2). Demnach sind Arbeitgeber verpflichtet, allen Beschäftigten ein BEM anzubieten, wenn sie innerhalb von zwölf Monaten länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren.
Gilt das BEM nach § 167 SGB IX nur für Menschen mit Behinderungen?
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement nach § 167 SGB IX richtet sich an alle Beschäftigten, unabhängig davon, ob eine Behinderung vorliegt oder nicht. Arbeitgeber müssen allen Mitarbeitenden – dazu zählen Angestellte, Auszubildende, befristet Beschäftigte sowie Personen ohne Behinderung – ein BEM anbieten, wenn sie innerhalb eines variablen Zwölf-Monats-Zeitraums länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren.
Bei schwerbehinderten Beschäftigten ist zusätzlich die Schwerbehindertenvertretung einzubeziehen. Diese gesetzlich geregelte Interessenvertretung ist in den § 176 SGB IX bis § 183 SGB IX verankert. Sie vertritt die besonderen Belange schwerbehinderter und gleichgestellter Mitarbeitender und wird in Betrieben mit mindestens fünf schwerbehinderten Beschäftigten gewählt.
Wie werden Arbeitnehmer zum BEM eingeladen?
Während Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet sind, das BEM anzubieten, entscheiden Arbeitnehmer freiwillig, ob sie das Angebot annehmen oder ablehnen möchten. Eine Teilnahme ist also nicht verpflichtend.
Arbeitgeber müssen Arbeitnehmer schriftlich zu einem BEM-Verfahren einladen. In diesem Einladungsschreiben sind die Ziele und der Ablauf des BEM klar zu erläutern, die beteiligten Stellen zu benennen sowie umfassend über Art, Umfang und Zweck der erhobenen und verarbeiteten Daten zu informieren. Besonders wichtig ist der Hinweis auf den Datenschutz: Für die Durchführung des BEM ist vom Arbeitnehmer eine ausdrückliche, schriftliche Einwilligung zur Verarbeitung der Gesundheitsdaten nach der DSGVO erforderlich, die jederzeit widerrufen werden kann.
Das betriebliche Eingliederungsmanagement in der Praxis
Obwohl das BEM bereits seit 2004 gesetzlich vorgeschrieben ist, zeigt die Auswertung der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2018, dass die Umsetzung in der Praxis noch ausbaufähig ist. Nur rund 40 % der Beschäftigten, die eigentlich Anspruch auf ein BEM hätten, erhielten tatsächlich ein entsprechendes Angebot. Von diesen nahmen etwa 70 % das Angebot an, sodass letztlich nur etwa ein Viertel der potenziell berechtigten Beschäftigten das BEM tatsächlich in Anspruch nahm.
Auffällig ist, dass das BEM in größeren Betrieben, im öffentlichen Dienst und in der Industrie deutlich häufiger angeboten wird als in kleinen Unternehmen, im Handwerk oder im Dienstleistungsbereich:
Kategorie | Prozent BEM-Angebot |
Betriebe mit 250 und mehr Beschäftigten | 50 % |
Betriebe bis 249 Beschäftigte | 36 % |
Öffentlicher Dienst | 64 % |
Industrie | 50 % |
Handwerk | 34 % |
Dienstleistung | 32 % |
BEM-Angebote: Häufiger in gesundheitsorientierten Betrieben
Beschäftigte erhalten vor allem dann ein BEM-Angebot, wenn ihr Betrieb bereits auf Gesundheitsförderung und ein positives Arbeitsklima und guten Arbeitsschutz setzt. In Unternehmen mit einem betrieblichem Gesundheitsmanagement und kooperativem Führungsstil und starker sozialer Unterstützung ist das BEM deutlich verbreiteter.
In diesem Zusammenhang könnte auch unser Beitrag „Vision Zero – Prävention im Arbeitsschutz“ für Sie interessant sein, bei der Gesundheits- und Arbeitsschutz nicht nur als gesetzliche Pflicht, sondern als unternehmerische Verantwortung und gelebte Präventionskultur verstanden werden.
Trotz gesetzlicher Pflicht erhalten weniger als die Hälfte aller potenziell berechtigten Beschäftigten ein BEM-Angebot. Die hohe Annahmequote von fast 70 % zeigt jedoch, dass der Bedarf groß ist und Unternehmen – insbesondere kleinere Betriebe sowie das Handwerk und den Dienstleistungsbereich – noch Nachholbedarf haben.
(Quelle: BIBB-BAuA-37.pdf)
Wer sollte sich um das BEM im Unternehmen kümmern?
Ein erfolgreiches Betriebliches Eingliederungsmanagement steht und fällt mit den richtigen Ansprechpersonen. Ohne geeignete interne oder externe Ressourcen kann das BEM kaum wirksam umgesetzt werden. Eine BEM-beauftragte Person übernimmt die zentrale Verantwortung für die Organisation und Durchführung des Prozesses im Einzelfall. Sie koordiniert alle Abläufe, führt Informations- und BEM-Gespräche mit den betroffenen Beschäftigten und steuert die vereinbarten Maßnahmen.
In manchen Unternehmen sind BEM-Beauftragte zusätzlich für die Gestaltung und Weiterentwicklung des gesamten BEM-Prozesses verantwortlich. Häufig werden sie dabei durch den Betriebsarzt, die Fachkraft für Arbeitssicherheit oder Beauftragte für das Betriebliche Gesundheitsmanagement unterstützt.
So setzen Sie BEM im Unternehmen erfolgreich um
Als Arbeitgeber können Sie das betriebliche Eingliederungsmanagement praktisch umsetzen, indem Sie einen strukturierten und transparenten Prozess etablieren, der sich an den individuellen Bedürfnissen Ihres Betriebs orientiert.
Starten Sie gemeinsam mit Ihrem BEM-Team mit einer Bestandsaufnahme Ihrer bestehenden Prozesse im Bereich Gesundheit und Arbeitsschutz. Legen Sie anschließend klare Ziele für das BEM fest, wie das Überwinden der Arbeitsunfähigkeit, den Erhalt des Arbeitsplatzes und das Vorbeugen erneuter Ausfälle.
Die Schritte des BEM Verfahrens im Überblick:
- Prüfen Sie regelmäßig, ob Beschäftigte innerhalb von zwölf Monaten länger als sechs Wochen arbeitsunfähig waren.
- Informieren und laden Sie betroffene Beschäftigte persönlich und schriftlich zum BEM ein. Weisen Sie bereits hier auf die Freiwilligkeit, die Ziele und den Datenschutz hin.
Erheben Sie Gesundheitsdaten ausschließlich mit Einwilligung der betroffenen Person und bewahren Sie diese getrennt von der Personalakte auf. Alle Beteiligten sind zur Verschwiegenheit verpflichtet, und die Daten dürfen nur für das BEM verwendet werden. |
- Führen Sie ein Erstgespräch, in dem Sie die Ziele und den Ablauf des BEM erläutern. Die Teilnahme ist freiwillig, und Beschäftigte können jederzeit aussteigen. Erst nach schriftlicher Zustimmung beginnt das eigentliche Verfahren.
- Analysieren Sie gemeinsam mit dem BEM-Team und der betroffenen Person die Ursachen für die Arbeitsunfähigkeit und besprechen Sie mögliche Maßnahmen zur Wiedereingliederung. Nutzen Sie dafür Ihre Gefährdungsbeurteilung und ziehen Sie bei Bedarf weitere Experten hinzu, wie den Betriebsarzt oder eine externe Sicherheitsfachkraft (Sifa).
- Erstellen Sie einen individuellen Maßnahmenplan, der auf die jeweilige Situation des Beschäftigten zugeschnitten ist. Mögliche Maßnahmen sind zum Beispiel die Anpassung des Arbeitsplatzes, eine stufenweise Wiedereingliederung oder technische Hilfsmittel.
- Begleiten und überprüfen Sie die Umsetzung der Maßnahmen regelmäßig und nehmen Sie bei Bedarf Anpassungen vor.
- Dokumentieren und werten Sie das Verfahren zum Abschluss aus. Nutzen Sie die Ergebnisse, um Ihren BEM-Prozess kontinuierlich zu verbessern.
(Quelle: BEM_Handlungsanleitung_01.pdf)
Sind Kündigungen ohne BEM automatisch unwirksam?
Kündigungen aufgrund häufiger Arbeitsunfähigkeit sind für Sie als Arbeitgeber rechtlich anspruchsvoll. Grundsätzlich müssen Sie vor einer solchen Kündigung ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchführen.
Wenn Sie das BEM unterlassen oder fehlerhaft durchführen, ist die Kündigung zwar nicht automatisch unwirksam, aber Ihre Beweislast vor Gericht steigt erheblich. Das Gericht geht dann davon aus, dass es mildere Mittel zur Vermeidung der Kündigung gegeben hätte. Sie müssen konkret nachweisen, dass weder Anpassungen des Arbeitsplatzes noch eine anderweitige Beschäftigung möglich gewesen wären, was in der Praxis kaum gelingt. Deshalb scheitern Kündigungen ohne korrektes BEM meist vor Gericht.
Sie sollten daher immer ein BEM anbieten oder durchführen, um rechtliche Risiken zu minimieren. Auch für Ihre Arbeitnehmer lohnt sich die Teilnahme: Ein professionell durchgeführtes BEM kann den Arbeitsplatz sichern. Wenn Sie das BEM nur halbherzig durchführen oder zu früh abbrechen, wird dies rechtlich wie ein vollständiges Unterlassen bewertet und hat dieselben Nachteile.
Kurz gesagt: Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist kein reiner Formalakt, sondern erfordert von Ihnen als Arbeitgeber tatsächliche Bemühungen um Lösungen zur Wiedereingliederung.
Unsere Unterstützung beim betrieblichen Eingliederungsmanagement
Die erfahrenen Fachkräfte von 123Ingenieure unterstützen Sie deutschlandweit bei der erfolgreichen Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements, unabhängig von Unternehmensgröße oder Branche. Profitieren Sie von unseren individuellen und ganzheitlichen Lösungen sowie unserer umfassender Expertise im Bereich Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit.